Samstag, 27. August 2016

Freie~Körper~Kultur





Alle Jahre wieder...

 (@ Ordungsamt)

In Konstanz gibt es ein Strandbad mit FKK-Bereich, schön dass es das gibt. In der letzten Zeit ist der Wasserstand allerdings ziemlich hoch, so dass die Uferzone kaum genutzt werden kann. Es gibt jedoch eine mit einer Hecke abgrenzte Rasenfläche die zureichend Platz bietet. wenn es auch in den Ferien, an Wochenenden und heißen Tagen schon mal enger werden kann. Jedoch ist nicht jeder Freund der Freikörperkultur dazu geneigt mit diesem zugewiesenen Getto Vorlieb zu nehmen, wobei dies individuell unterschiedliche Gründe haben mag. Nur um ein Beispiel zu nennen, vierbeinige Begleiter sind dort nicht erlaubt und darum weicht mancher lieber auf eine andere Stelle am See aus. 

Letzte Tage lag ich an so einer Stelle, die sich schon seit vielen Jahren als ein Kleinod für Nackedeis etabliert hat. In der Regel wird direkt am Ufer Platz genommen und teils befinden sich dort auch Büsche die für eine Blickdichte sorgen können. Es ist also nicht so dass Nackte den Uferweg kreuzen und wenn man von diesem aus solche erblicken will, dann muss man mit seinem Augenmerk auch schon darauf ausgerichtet sein. Und wer sich von der hinter dem Weg befindlichen Einrichtung darüber erregen will, der braucht dann auch schon ein Fernglas dafür. 

Erfahrungsgemäß geht es dort gesittet, respektkvoll und friedlich zu und diese Ruhe wurde dann lediglich dadurch gestört dass zwei Mitarbeiter des Ordnungsamtes auf die Anwesenden zugingen und sie ermahnten sich anzuziehen. Da ich meinen Polyesterknast sowieso dabei hatte tat ich dies zunächst einmal wie alle Anderen auch, wobei jene die keine Badebekleidung griffbereit hatten sich mit einem Tuch bedeckten. Das reichte den Ordnungshütern jedoch nicht, wenn schon kleinkariert dann aber auch richtig (also rundum mit Verschluss und so). 

Ich hatte mich dann danach erkundigt welches Gesetz mir eine freie Körperkultur an dieser Stelle verbietet. Gennant wurde mir jedoch keines und stattdessen wurde ich nur auf den offziiellen FKK-Platz hingewiesen und an das Internetprotal der Stadt Konstanz verwiesen. Ohne Benennbarkeit einer Gesetzesgrundlage auch kein Verbot, das wäre eigentlich der Moment gewesen an dem ich meine Badehose wieder ausgezogen hätte, doch ich war ja noch inmittem im Gespräch. Da mir bekannt war dass auch mit einem Bußgeld gedroht wird, ließ ich es mir selbstverständlich nicht nehmen darauf hinzuweisen dass das Amt unter rechtsunsicheren Verhältnissen arbeitet und dies zunächst einmal geklärt sein müsste. Denn wenn ich ihm meinen Personalausweis vorlege und dieser mich nicht eindeutig identifizieren kann ist er ungültig, jedoch hatte ich es nicht weiter ausgeführt weil er sich eh bereits damit überfordert sah dass ich verbal einen zivilen Ungehorsam zum Ausdruck brachte. Dementsprechend war dann auch seine Argumentationsführung aus der Luft gegriffen, ich soll mir eine Badehose anziehen weil keine sanitäre Anlage Vorort ist. Aber vielleicht bin ich ja einfach nur zu blöd zu verstehen wieso das im Harn- oder Darmdrang einen Unterschied macht, denn die tausend Menschen mit Badebekleidung entlang des Ufers betrifft das exakt genauso. 

Wenn man nicht alles selber macht...
In Deutschland ist öffentliche Nacktheit ohne sexuellen Bezug für sich nicht strafrechtlich verboten, wird jedoch gelegentlich wegen Belästigung der Allgemeinheit nach § 118 OWiG als Ordungswidrigkeit mit Bußgeld belegt. (Quelle: Wikipedia)
(1) Ordnungswidrig handelt, wer eine grob ungehörige Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Allgemeinheit zu belästigen oder zu gefährden und die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen. (Quelle: § 118 OWiG)
Eine Gefährdung oder Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung liegt definitiv nicht vor, somit könnte es bestenfalls eine Belästigung der Allgemeinheit sein. Das wäre allerdings bezogen auf die geschilderte Situation ebenso unbegründet wie unzutreffend.

Ungeachtet dessen hatte ich den Mitarbeiter vom Ordnungsamt auch darauf aufmerksam gemacht dass ausnahmeslos jeder Mensch von Natur aus unbekleidet ist. Er erwiderte daraufhin sinngemäß, dass wir jetzt nicht beim Kleinen anfangen. Aber natürlich fängt es beim Kleinen an, ja selbst Jesus und Mohammed kamen nackt auf die Welt. Sicherlich ist es angemessen darauf Rücksicht zu nehmen dass gesellschaftliche Domestikation und regiligiöse Dogmatisierung eine Entfremdung zum eigenen Körper impliziert, doch worum es sich hier dreht ist doch in keinerlei Weise aufdringlich. Im Übrigen wird in den Essener Schriftrollen nacktes Sonnenbaden zur Reinigung ausdrücklich empfohlen.

III/1 Umweltschutz- und Polizeiverordnung
Aufgrund von § 10 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 und § 18 Abs. 1 des Polizeigesetzes (PolG) in der derzeit geltenden Fassung erlässt die Stadt Konstanz als Ortspolizeibehörde mit Zustimmung des Gemeinderates folgende
Polizeiverordnung:  

§ 17 Unbekleideter Aufenthalt
Ohne Bekleidung (zumindest Badebekleidung) ist der Aufenthalt am Ufer des Bodensees und des Rheins und im Sichtbereich öffentlicher Wege und Anlagen verboten, ausgenommen an als FKK-Anlage ausgewiesenen und gekennzeichneten Stellen
DRITTER TEIL
Ausnahmen, Ordnungswidrigkeiten und Schlussbestimmung
§ 18 Ausnahmen
Die Ortspolizeibehörde kann von den vorstehenden Bestimmungen in begründeten Einzelfällen oder wenn es im öffentlichen Interesse geboten ist, Ausnahmen zulassen. (Quelle: Service-Portal der Stadt Konstanz)
Der Irrwitz an der geschilderten Situation ist, dass es an der besagten Stelle (wie bereits erwähnt) nicht so ist dass Nackte den Uferweg kreuzen und im Gegensatz dazu an dem offziellen FKK-Platz der Stadt Konstanz eine direkte Konfrontation zwischen Nackten und Spaziergängern auf dem Uferweg unvermeidlich ist.

Es gibt hierbei keine Schuld zu büßen.
@ Ordnungsamt:  
Warum lassen Sie jene harmlosen Menschen, die mit ihrem Nacktsonnen und -baden überhaupt keinen Wert darauf legen öffentliches Aufsehen zu erregen, nicht einfach in Frieden?

Wenn eine unaufdringliche Freikörperkultur 
einen aufdringlichen Freiheitsentzug 
zur Folge haben kann, 
dann läuft etwas verkehrt.



Anregung zum Weiterdenken:




"Mein Nacktsein war für uns einfach die logischste, klarste Form, den Song künstlerisch darzustellen. In 'Langsam' geht es darum, zu sich selbst zu stehen, alles abzulegen, was einen beschwert und verschleiert."

"Wer nackt ist, ist ohne Fassade, bei sich selbst, wahr und ehrlich."

"Die Nacktheit ist Symbol für meine innere Haltung. Es geht darum, was in mir passiert, nicht um meine Oberfläche. 'Langsam' hat für mich überhaupt nichts Erotisches"

(Frida Gold)



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen